top of page

ALTERSEHRUNG

Landhaus Solothurn

15./16. November 2021

 

Stefanie-Ingold_Ansprachen.jpg

Liebe Gäste

Ich freue mich sehr euch alle hier begrüssen zu dürfen. Ich bin nun seit 2 Wochen im Amt als Stadtpräsidentin und ich kann hier schon ein erstes Highlight erleben. 

Wie gerne nehme ich die Gelegenheit wahr, dass wir uns direkt kennenlernen können, dass ich mich hier bei euch vorstellen kann.

Wir geniessen es, Anlässe wieder durchführen zu können. 

 

Wie gross das Bedürfnis ist, haben wir an der Zahl der Anmeldungen gesehen und einige nehmen sogar eine Quarantäne auf sich bei der Rückkehr ins Alterszentrum.

Auch wenn wir alle sicher schon lange genug haben vom Thema Corona, bestimmt es halt unseren Alltag nach wie vor. Gerade euren Alltag hat das Virus massiv eingeschränkt.

Ich habe dies mit meinen eigenen Eltern erlebt, sie sind 83 und 84 – jährig und gehören somit natürlich voll und ganz zur Risikogruppe. Wie viele andere auch waren meine Schwester und ich zu Beginn der Pandemie verunsichert, wie wir mit der Situation umgehen sollen. Sollen wir noch ins Haus? Sollen die Enkelkinder noch vorbei? Irgendeinmal entschieden wir uns selbstverständlich auch, dass wir keinen direkten Kontakt mehr hatten; ein sehr einschneidender Entschluss. Wir organsierten das Einkaufen, meine Mutter lernte mit Facetime zu telefonieren, wir verfolgten stets die Entwicklung der Massnahmen, damit wir diskutieren konnten, was wieder möglich war – und waren uns innerhalb der Familie auch nicht immer einig.

Ja, ich fand, dass es für meine Eltern eine schwierige Zeit war und meine Mutter brauchte einen Moment, bis sie sich von dem Lockdown seelisch wieder erholt hatte. Ich bin froh, dass sie jetzt ihren Elan wiedergefunden hat und ich bin stolz, dass sie heute ganz selbstverständlich in den Läden mit Twint zahlt.

Neben der älteren Bevölkerung war es natürlich auch für die jungen Menschen eine sehr schwierige Zeit, das habe ich auch hautnah mit meinen eignen drei Kindern, die zwischen 18-23 Jahre sind, erlebt. Die Pläne von vielen Jungen wurden durch das Virus vollständig auf den Kopf gestellt.

Mein ältester Sohn begann sein Studium zu Hause vor dem Computer. Seine Pläne für das Studium nach Basel zu ziehen, stellte er erst mal zurück. 

Mein mittlerer Sohn befand sich mitten in seiner KV Lehre bei der FINMA. Und er verbrachte die letzten 1.5 Jahren seiner Lehre ebenfalls zu Hause hinter dem Computer. Seine Lehre beendete er an seinem letzten Tag, indem er daheim dem Computer abstellte.

Meine Tochter, unsere jüngste, war ganz anders gefordert. Im März 2020 war sie im ersten Lehrjahr als Pflegefachfrau und arbeitete auf der Akutdemenzstation in der Psychiatrie. Nicht nur einmal kam sie mit Tränen in den Augen nach Hause, da sie erlebte, wie die Menschen, welche sie betreute und schon so in schwierigen Situationen waren, nicht mehr von ihren Familien und Liebsten besucht werden konnten. Ich habe meine Jüngste sehr bewundert, wie sie diese Zeit gemeistert hat.

Für meinen Mann und mich war es im Vergleich zu meinen Eltern und meinen Kindern weniger einschneidend. Wir konnten arbeiten und gehörten auch zu jenen, welche sich keine Sorgen machen mussten um ihre Einkommen, so wie es im Gegensatz zu uns, vielen anderen erging.

Ja, diese Zeiten sind eine Herausforderung für unsere Gesellschaft. Gerade jetzt müssen wir den Zusammenhalt fördern. Es ist nicht hilfreich, wenn gewisse Strömungen versuchen, uns auseinander zu dividieren. Wir können diese Krise nur als Gemeinschaft bewältigen und wir müssen uns aufeinander verlassen können. Und gerade wir hier in der Schweiz müssen dankbar sein, wenn wir sehen, wie hart es andere Länder in dieser globalen Krise trifft. 

Vielleicht ist ein Zeichen dafür, wie sehr unsere Gesellschaft gefordert ist, dass gerade jetzt auf die neue Legislatur in der Stadt die neue Kommission für Gesellschaftsfragen ihre Arbeit aufnehmen wird. Ich bin sehr glücklich, dass diese Kommission gebildet werden konnte. 

Gesellschaftspolitische Themen sind der Stadt Solothurn ein wichtiges Anliegen. Viele Jahre befassten sich die Jugendkommission und der Seniorenrat spezifisch mit Generationen-Schwerpunktfragen. Andere wichtige gesellschaftliche Themen wie die frühe Förderung von Kindern, Integration oder die Anliegen von Familien wurden von diesen Spezialkommissionen allerdings nicht abgedeckt.

 

Die neue Kommission soll eine umfassende Sicht auf Gesellschaftsthemen wie Kind, Jugend, Alter, Familie, Integration und Menschen mit besonderen Bedürfnissen haben.

Sie soll Anliegen und Bedürfnisse der Bevölkerung wahrnehmen und Massnahmen oder Projekte anregen.

Sie soll Entwicklungen wahrnehmen, Defizite und Lücken zu Gesellschaftsthemen innerhalb unserer Stadt erkennen und darauf aufmerksam machen.

Die Kommission soll den Gemeinderat in gesellschaftlichen Fragestellungen beraten, speziell zu den genannten Bereichen.

Mit der Schaffung einer Kommission für Gesellschaftsfragen wird die Stadt Solothurn den Veränderungen und der Entwicklung der Gesellschaft gerecht. Unsere Bevölkerung verändert sich stetig. Da eben der Zusammenhalt der verschiedenen Gesellschaftsgruppen wichtig ist, nicht nur während einer Krise, sollen die Anliegen der verschiedenen Gruppen auch in einer Kommission zusammen beraten und gesteuert werden.

 

Liebe Gäste, gerade hinsichtlich, dass unsere Stadt so vielfältig, bunt und lebendig ist, freu ich mich enorm und ist es mir eine grosse Ehre Stadtpräsidentin von Solothurn sein zu dürfen.

bottom of page